Much Wullekatte Bücher, Kunst und Musical Jürgen Wohlfart, mail: Wohlfart.J@googlemail.com
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Leseprobe
Vorab-Informationen
Zum Buch ist ein zweieinhalbstündiges Familienmusical für Kinder ab 5 Jahren und Erwachsene bis 80 Jahren komponiert worden. Es existiert ein fertiges Musicalscript. Das Musical ist mehrere Male erfolgreich aufgeführt worden, u.a. zweimal in Rotenburg/Fulda vor jeweils 1500 Zuschauern. Zu Mandra-Gorana gibt es mittlerweile 2 CD`s, eine Doppel-CD mit dem gesamten Hörspiel inclusiv aller zwanzig Musiktitel und eine mit Entspannungsgeschichten und Einschlafmusik für Kinder ab 3 Jahren.
Was
man wissen sollte... Mandra-Gorana:
Fantasie-Staat in einer Höhle unter dem Eis der Antarktika. Professor
Dr. Much Gorantoteles: Präsident von Mandra-Gorana
Blumenantennen:
Die Gowichte kommunizieren mit ihnen ohne zu sprechen. Sie leuchten und
wachsen aus dem Kopfkraut heraus.
Drei
Kapitel des 253 Seiten langen Buches
4.
Das Geheimnis der Alraunenzucht
Was
die Ordnung betrifft, ist Professor Much Truk das genaue Gegenteil seines
Kollegen Much Etu. Auch seine Figur unterscheidet sich so sehr von der des
Kollegen wie die einer schlanken Gazelle von der eines dicken Nilpferdes.
Professor Much Truk ist ähnlich groß wie Professor Much Etu, dafür aber mächtig
breit. Sein Bauch ist so dick, dass deshalb seine Arme immer zu kurz sind, wenn
sie vor dem mächtigen Torso koordiniert hantieren sollen. Wenn er an seinem
Labortisch steht und eine seiner geliebten Mandragora-Pflänzchen eintopfen
will, dann reicht die Länge seiner kurzen Arme einfach nicht aus, da kann er
seinen Bauch noch so fest gegen die Tischplatte pressen. Deshalb erledigt er
diese Arbeiten nur im Sitzen auf einem niedrig eingestellten Stuhl. Da kann er
den größten Teil seines mächtigen Bauchgewölbes unter die dann in Brusthöhe
befindliche Tischplatte schieben. Seine Kollegen munkeln, er sei deshalb so
rund, weil er häufig von den Mandragora-Blättern seiner Schüler nascht. Und
das stimmt auch, aber er entschuldigt das immer mit der Behauptung, er müsse
den Nährstoffgehalt der Blätter und den Gesundheitszustand seiner Schützlinge
prüfen.
Eben
sitzt Professor Much Truk in seinem Labor und bereitet sich auf seinen
Unterricht in der Klasse Monk Alpha vor. Sein Arbeitszimmer ist absolut keimfrei
und sauber, nicht ein Stäubchen ist zu finden. An den Wänden stehen Glasschränke
mit allen möglichen Töpfen, Gläsern und Tiegeln. An den Wänden hängen wohl
geordnet und perfekt ausgerichtet unzählige Schautafeln von Mandragora-Pflanzen
und Monk-, Gor-, und Goranwesen in ihren jeweiligen Entwicklungsstadien. Und in
einem riesigen Regal stehen unzählige Pflanztöpfe mit Mandragora-Pflanzen in
allen verschiedenen Größen und Wachstumsstadien.
Wenn
er in seinem Labor ist oder wenn er unterrichtet, trägt der Professor immer
einen schneeweißen Kittel. Er bildet wegen seines dicken Bauches ein so mächtiges
Zelt, dass sich darunter mühelos 5 Monk verstecken könnten. Professor Much
Truk ist immer fröhlich und gut gelaunt und in dieser Stimmung begibt er sich,
ein lustiges Muchlied pfeifend, auf den Weg zum Klassenraum der Klasse Monk
Alpha. Vorher hat er noch zur Anschauung behutsam zwei Töpfchen mit kräftigen
Mandragora-Pflanzen aus dem Regal genommen und in seine Kitteltaschen versenkt.
Vor der Klassentür stehen die neuen Monk-Schüler brav an. Auf einem Blick
sieht er, dass die letzten vier in der Reihe mit dicken Backen kauen.
„Habt
ihr es also schon alleine herausbekommen, ihr Naschkatzen? Hattet wohl mächtig
Kohldampf, oder? Kann ich voll verstehen, ihr Schlingel!”, spricht er Monk
Asiul, Monk Slin, Monk Arual und Monk Neelam an. Die vier trauen sich nur verschüchtert
mit den Köpfen zu nicken, weil sie befürchten, schon wieder etwas Unerlaubtes
getan zu haben. Etwas zu sagen, war wegen der üppig gefüllten Backen sowieso nicht möglich.
„Na
dann wollen wir das den anderen auch noch beibringen”, sagt Professor Much
Truk und schließt dabei die Klassenraumtür auf.
„Hallo,
wie ihr wisst, bin ich Professor Much Truk. Wir hatten ja schon das Vergnügen
miteinander!” Monk Arual, Monk Neelam, Monk Slin und Monk Asiul beziehen diese
Form der Begrüßung auf ihre freundliche Begegnung mit dem Professor auf dem
Flur, aber alle anderen schauen sich verständnislos und verunsichert an.
Als
alle Monk ihre Plätze eingenommen haben, schaut er den vier Freunden ins
Gesicht und als er sich vergewissert hat, dass sie endlich ausgekaut haben,
fragt er: „Na, ihr Feinschmecker, nun erzählt einmal, wie ihr das
herausbekommen habt!”
„Das
hat Monk Arual herausgefunden!”, meldet sich Monk Neelam zu Wort und mit einem
auffordernden Blick, das Ganze doch bitte zu erklären, schaut er zu ihm hinüber.
Monk Arual versteht dieses Zeichen und erzählt von seinen Beobachtungen auf dem
großen Schulhof. „Ja, und dann haben wir einfach einmal unseren eigenen
Kopfsalat gekostet und fanden ihn ausgesprochen famos. Besonders lecker ist der
von Monk Asiul, irgendwie süßer und saftiger!”
Die
ganze Klasse lacht und Professor Much Truk lässt es sich natürlich nicht
nehmen, sofort bei Monk Asiul ein Blatt zu probieren. Er schließt die Augen und
kaut genüsslich.
„Oh,
ja, welch köstliches Gewächs!”
Zunächst
ganz vorsichtig und behutsam knipst sich jetzt jeder Monk ein Blatt von seinem
Kopf. Einige riechen erst daran, reißen eine kleine Portion davon ab, um es
dann skeptisch und behutsam kauend zu kosten. Andere gehen ganz anders zu Werke:
Sie schieben sich gleich das ganze Krautblatt in den Mund und mampfen genüsslich
drauf los. Das Ergebnis ist bei allen gleich: Die Monk-Gesichter strahlen vor
Verzückung als Ausdruck des allerhöchsten Genusses. Von überall ertönt das
schmatzende „Oh, ist das lecker!“ Jetzt entsteht ein großes Durcheinander
in der ganzen Klasse, keiner ist mehr auf seinem Platz zu halten. Alle gehen mit
dicken Backen kauend reihum und kosten den Kopfsalat der Klassenkameraden. Monk
Slin und Monk Neelam durchwühlen sich gegenseitig ihre Kopf-Plantagen wie zwei
Schimpansen, die ihr Fell auf der Suche nach Läusen durchstöbern. Sie haben
festgestellt, dass die ganz kleinen, hellgrünen Salatblätter am Grunde ihrer
Kopf-Plantage die leckersten sind. Genau wie die Schimpansen die Läuse, stopfen
sie sich ein kleines Blatt nach dem anderen mit spitzen Fingern in ihre unersättlichen
Münder. Der Gemüsegarten auf ihren Köpfen sieht bald so aus wie ein Urwald,
über den ein Hurrikan hinweggefegt ist. Noch schlimmer sieht nur der Kopf von
Monk Asiul aus. Denn natürlich will jeder die Behauptung überprüfen, dass
sein Kopf-Gemüse das absolut leckerste von allen sein soll. Die Folge ist, dass
nur noch wenige verlorene Blätter auf seinem Kopf verblieben sind.
Professor
Much Truk stört das Durcheinander in der Klasse keineswegs. Im Gegenteil, kann
er doch die Situation auch für sich nutzen, um seinen übermächtigen Bauch mit
jungem, zartem Kopfgemüse zu füllen. Auch er geht von einem Monk zum anderen
und stopft sich in höchster Verzückung ein Blatt nach dem anderen in seinen
Mund.
Erst
als endlich alle satt sind, suchen die Monk nach für nach ihre Plätze auf und
reiben sich satt und träge ihre gefüllten Bäuche. Nun fängt der Professor
mit seinem Vortrag an.
„Wenn
ihr bei Professor Much Etu aufmerksam zugehört habt, dann habt ihr sicherlich
begriffen, dass unser Land Mandra-Gorana seinen Namen von den riesigen
Mandragora-Plantagen hat. Sie wachsen hier bei uns, in unserer riesigen Eishöhle,
viele hundert Meter unter dem Eis von Antarktika. Es gibt sie auch an anderen
Orten dieser Welt, aber nur hier bei uns entwickeln sie sich zu magischen
Pflanzen.
Und
dann erzählt Professor Much Truk, dass auch sie, die kleinen Neu-Monk, ihr
Leben diesen Pflanzen, die er so sehr liebt, verdanken. Das interessiert seine
Schüler nun ganz besonders, denn jeder hat ja ein verständliches Interesse
daran, zu erfahren, wie man eigentlich entstanden ist.
„Also,”
erklärt der Professor weiter, „immer dann, wenn auf der Welt ein kleines
Menschenkind entstehen soll, wird in Mandra-Gorana ein Samenkorn der
Mandragora-Pflanze in das Eis der Plantage eingeschmolzen. Das Samenkorn wächst
zu einer wunderschönen Mandragora-Pflanze heran. Es wird von vielen Much-Gärtnern
gepflegt und umsorgt, damit ihm auch ja nichts passiert. Nach einiger Zeit
liebevoller Pflege ist die Mandragora-Pflanze ausgewachsen und irgendwo außerhalb
von Mandra-Gorana kann nun im Leib einer Menschen-Frau wieder eine Eizelle
befruchtet werden. Daraus wächst dann in neun Monaten ein neues
Menschen-Kind.“
Der
Professor unterbricht seinen Vortrag, da Monk Neelam seinen Arm hebt.
„Was
ich nicht verstehe, Herr Professor, was haben denn die Mandragora-Pflanzen mit
den Babys der Menschen zu tun?”
„Das
ist eine gescheite Frage,” antwortet der Professor, „aber lass mich weiter
erzählen, dann wird sich deine Frage erübrigen.”
Und
schon fährt Professor Much Truk fort und die Monk lauschen gebannt seinen
Worten, denn sie begreifen allmählich, dass eigentlich von ihnen die Rede ist.
Er erklärt, dass die Mandragora-Pflanzen nun vorsichtig aus dem Eis gehackt
werden. Unter dem Eis habe sich eine kräftige Knolle gebildet, die in ihrer
Form einem kleinen Monk schon sehr ähnlich ist. Die Schüler lernen, dass die
Knollen Alraunen heißen und anschließend von geschickten Much-Schnitzern in
die tatsächliche Monk-Form geschnitzt werden.
„Bis
zu diesem Zeitpunkt sind die Alraunen noch Pflanzen und ihr Grünzeug schmeckt
bitter und sauer.“
Professor
Much Truk verzieht angewidert das Gesicht.
„Einfach
fürchterlich, das Zeug! Ungenießbar!“
Dann
fährt er fort.
„Wenn
die Schnitzarbeiten abgeschlossen sind, kommt unser Präsident, Professor Dr.
Much Gorantoteles und begutachtet die Arbeit der Much-Schnitzmeister. Ist er
damit zufrieden, kommen die geschnitzten Alraunen in eine Bruteishöhle, wo
ihnen unser Präsident genau in dem Moment Leben einhaucht, in welchem eine
Samenzelle mit einer Eizelle im Bauch einer Menschenfrau verschmilzt. Nach kürzester
Zeit verwandelt sich die leblose Alraune in ein Monk-Kind. Dann werden sie von
unserem Präsidenten eigenhändig in der heiligen Milch unseres
Mandra-Gorana-Gletschers gewaschen. Erst dann beginnt der Unterricht bei uns
Professoren.”
„War
das bei uns auch so?”, will Monk Slin wissen.
„Ja,
das war bei euch auch so, genau wie bei allen Gowichten auf der ganzen Welt!”,
antwortet Professor Much Truk.
„Aber
trotzdem weiß ich noch immer nicht, was das Ganze mit den Babys der Menschen zu
tun hat?”, fragt Monk Neelam erneut.
„Ganz
einfach!”, erläutert der Professor. „Wenn ihr aus der Bruteishöhle zu uns
in die Universität kommt, dann beginnt die befruchtete Eizelle sich im
Mutterleib zu teilen. Man nennt sie nun Embryo. Dann besucht ihr jeweils ein
Semester lang die Monk-, anschließend die Gor- und schließlich die
Goran-Klasse. Dann erst seid ihr so weit gerüstet, eure eigentliche Bestimmung
zu erfüllen, nämlich als echte Mangor für euer jeweiliges Menschlein zu
arbeiten. Bis dahin sind insgesamt neun Menschenmonate vergangen und eure
Menschenbabys werden geboren, irgendwo draußen in den Ländern der
Menschenwelt.”
„Wieso
unser Menschenbaby?”,
fragt Monk Arual neugierig.
„Na
weil ihr
die Mangor dieser Menschenbabys sein werdet, solange, bis sie erwachsen sind. In
dieser Zeit müsst ihr jederzeit für sie da sein, ununterbrochen über sie
wachen und sie beschützen!”
In
der Klasse Monk Alpha entsteht ein lebhaftes, aufgeregtes Gemurmel.
„Herr
Professor Much Truk, heißt das, dass schon jetzt ein kleines Menschlein im
Bauch einer Menschenfrau wächst, für das ich in wenigen Monaten verantwortlich
bin?”, fragt Monk Neelam ganz aufgeregt.
„Ja,
das hast du richtig verstanden, und dieses Menschenbaby wird einen ganz ähnlichen
Namen bekommen, wie du ihn jetzt hast!”, antwortet der Professor.
In
der ganzen Klasse breiten sich strahlende Gesichter aus. Einige Monk hält es
nicht mehr auf ihren Sitzen. Sie drängen sich um das Pult des Professors herum
und wollen wissen, wie ihr Menschlein aussieht und wo es sich befindet.
„Langsam,
langsam!”, beruhigt der Professor die aufgeregten Monk. „Nicht so
ungeduldig! Das werdet ihr im Unterricht von Professor Much Maharba erfahren.
Menschenkunde ist sein Gebiet. Für den Moment habt ihr genug erfahren. Ihr
solltet euch jetzt erst einmal mit dem, was ihr heute gelernt habt, zufrieden
geben.”
Die
Monk schauen aus verständlichen Gründen etwas „betröpfelt“ aus ihrem
Kraut, das inzwischen bei allen schon wieder mächtig nachgewachsen ist.
„Dann
erklären Sie uns doch wenigstens noch, was es mit unserem Kopfsalat auf sich
hat, Herr Professor!”, übertönt Monk Asiul das Stimmengewirr der aufgeregten
Schülermenge.
„Na,
gut!”, lenkt der Professor ein und zupft dem kleinen Monk Asiul ein saftiges
Blatt vom Kopf, um es genüsslich in seinen Mund zu stopfen. „Was euch auf dem
Kopfe wächst, ist das Kraut der Alraune, also der Mandragora-Pflanze. Nach der
geheimnisvollen Waschung durch unseren ehrenwerten Präsidenten wird es plötzlich
viel saftiger und zuckersüß. Einfach köstlich, sag ich euch. Es sieht bei
jedem Monk unterschiedlich aus und wird auf eurem Kopf so lange sprießen, bis
ihr ausgewachsen seid, also bis zum Ende eurer Ausbildung an dieser Uni. Fertige
Mangor und alle Much brauchen keine Nahrung mehr, denn sie werden ja schließlich
nicht mehr größer. Da hört das Wachsen des Kopfsalates dann langsam auf. Es
vertrocknet und wird ungenießbar. Ist doch logisch! Wenn man ausgewachsen ist,
braucht man nicht mehr zu wachsen, oder? Richtig ekelig schmeckt dieses trockene
Zeug dann! Bei manchen fällt es auch fast ganz aus.“
Um
das zu untermauern, hebt Professor Much Truk seine Muchmütze und tatsächlich:
Er hat nur noch einen kümmerlichen Kranz verdörrter Krautreste auf dem Kopf.
Alles Übrige ist glatt wie die Schlitterbahn draußen auf dem Eisspielplatz.
„Aber
ich nasche dennoch gerne von eurem Kraut und deshalb wachse ich immer weiter,
aber leider in die Breite! Seht ihr?”
Er
streckt seinen mächtigen Bauch nun noch weiter vor und versucht ihn mit seinen
viel zu kurzen Armen zu umfassen, was ihm trotz der größten Anstrengung natürlich
auch diesmal nicht gelingt.
Und
dann wippt sein Bauchgewölbe rhythmisch auf und nieder, weil der Professor
selbst herzlich über dieses Unvermögen lachen muss.
„So,
ihr Monk, dann tschüss, bis morgen!”
Er
nimmt seine Töpfe mit den Mandragora-Pflanzen, die er vorher zur Anschauung
durch die Reihen hat wandern lassen, zupft diebisch bei Monk Neelam, Monk Arual
und Monk Slin noch ein frisch nachgewachsenes Krautblatt vom Kopf und geht genüsslich
kauend aus dem Raum.
„Lecker,
einfach eine gowicht-himmliche Köstlichkeit, dieses Kopfkraut der frischen
Monk!”, hören die Monk ihn noch brummeln, dann ist er im Flur verschwunden.
5.
Besuch bei Gor Nairolf
Für
heute ist der Unterricht vorbei. Das heißt, das ist eigentlich falsch ausgedrückt,
denn in Mandra-Gorana gibt es kein Heute und kein Morgen,keinen Tag und keine
Nacht. Das Heute wird ja draußen in der Menschenwelt durch die Nacht vom Morgen
getrennt. Und in Mandra-Gorana gibt es nun mal keine Nacht, es ist immer gleich
hell. Für Menschenaugen jedoch eher dämmerig. Etwa so, wie bei den Menschen in
einer Vollmondnacht. Das macht aber gar nichts, denn die Gowichte hier kennen
keinen Unterschied zwischen hell und dunkel. Ihre Augen sehen bei allen
Lichtverhältnissen immer gleich scharf. Die Gowichte schlafen fast nie. Nur
wenn sie sich draußen in der Menschenwelt viel verwandeln müssen, werden sie
auch einmal müde. Solange sie hier in Mandra-Gorana sind, brauchen sie keinen
Schlaf, weil sie in dieser riesigen Eishöhle niemals müde werden. Es ist sehr
sinnvoll, dass sie wenig Schlaf brauchen, denn wenn ein Mangor einem Menschlein
zugeteilt ist, dann muss er immer auf der Hut sein. Natürlich auch dann, wenn
die Menschen in der Nacht schlafen. Was würde ein Mangor einem Menschenkind nützen,
wenn er eingeschlafen ist? Gar nichts! Ist doch klar!
Wie
schon gesagt, gibt es in Mandra-Gorana keine Tage und Nächte, auch keine Wochen
und Monate und keine Jahre und Jahrzehnte. Die Gowicht-Kinder richten sich nur
nach den Semestern. Für sie ist einzig bedeutsam, wann das Goran-Semester herum
ist. Dann werden ihre Menschenkinder geboren und neun Menschen-Monate sind
vergangen. Aber das ist ja schon von Professor Much Truk erklärt worden. Mehr
Zeiteinteilung ist für die Monk nicht von Interesse. Deshalb braucht man natürlich
auch nicht so etwas wie Uhren. Dennoch ist es an der Universität von Wichtula
bisher nur selten geschehen, dass ein Monk-Kind zu spät zum Unterricht
erschienen wäre. Es gibt auch keine Stundenpläne zur Orientierung wie bei den
Menschenkindern.
Das
ist zum jetzigen Zeitpunkt kaum zu verstehen und deshalb nur schwer zu erklären.
Es muss euch reichen, dass es der Professor, der gerade den Unterricht beginnen
will, irgendwie schafft, seine Schüler rechtzeitig vor die Klassentür zu
bestellen. Aber das macht er ohne etwas zu rufen oder etwa eine Schulglocke zu läuten.
Das Weiterleiten einer Meldung geschieht über die leuchtenden Blumen-Antennen
auf den Köpfen der Professoren. Sie senden damit Signale zu ausgewählten Schülern,
die diese über ihre großen Ohrmuscheln empfangen können, aber ohne etwas zu hören
- irgendwie ohne Schall.
Die
Professoren reden jetzt noch nicht gerne darüber, denn das soll so lange ihr
Geheimnis bleiben, bis ihre Schützlinge die Ausbildung beendet haben. Das ist
auch sehr gut so, denn man stelle sich einmal vor, welches Durcheinander es gäbe,
wenn sich alle Studenten der Uni von Mandra-Gorana gegenseitig per Kopfantennen
Befehle erteilen könnten. Das gäbe ein heilloses Funkdesaster! Deshalb dienen
die herrlichen, blumigen Kopfantennen der Studenten nur als zusätzliche
farbenfrohe Zierde ihrer niedlichen mit Grün bewachsenen Köpfe. Zumindest
sollte es so sein – bis sie eben zum Mangor ausgewachsen sind.
Der
Unterricht bei Professor Much Etu und Professor Much Truk hat den vier
Monk-Freunden unheimlich viel Spaß gemacht. Alle Schüler der Monk-Klasse Alpha
haben sich dadurch verändert. Sie wissen nun, wie sie entstanden sind und
welche Aufgabe sie einmal zu erfüllen haben. Da ist es bei den Monk genau wie
bei den Menschen: Man wird einfach glücklicher und zufriedener, wenn man weiß,
dass man eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat.
Jetzt
haben die Schüler Freizeit. Monk Neelam, Monk Arual, Monk Asiul und Monk Slin
beschließen, sich das riesige Universitätsgebäude etwas genauer anzuschauen.
Zuerst durchstromern sie das Monk-Gebäude, in dem nur die Schüler des ersten
Semesters unterrichtet werden.
Die
Universität ist wie alle Gebäude in Wichtula aus Eis gebaut. Das bietet sich
ja auch an, denn andere Baumaterialien als Eis gibt es in Antarktika nicht.
Viele Maurer-Much sind gerade damit beschäftigt, neue Klassenräume aus
zurechtgeschnittenen Eisblöcken zu mauern. Die Universität muss laufend vergrößert
werden, da auf der Welt immer mehr Kinder geboren werden. Deshalb werden natürlich
auch immer mehr Mangor gebraucht. Das Bauen der Maurer-Much ist aber auch das
einzig Interessante, was die vier Freunde in diesem Gebäude entdecken können.
Deshalb wird es ihnen hier bald zu langweilig.
„Lasst
uns einmal hinüber in das Gor-Gebäude am anderen Ende des Spielplatzes
gehen!”, schlägt Monk Slin vor.
Die
anderen sind skeptisch, da keiner so genau weiß, ob das erlaubt ist. Dann siegt
aber doch die angeborene Neugier und sie schlittern über den riesigen
Spielplatz aus Eis zu dem Gebäude, in das sie im 2. Semester umziehen werden.
Niemand hält sie zurück und ihnen fällt beim Betreten des Geländes auf, dass
die Gor-Kinder hier schon viel größer sind als im Gebäude der Monk. Sie gehen
einen langen Gang entlang, von dessen Ende ihnen ein mächtiges Getöse
entgegenhallt und biegen schließlich um eine Ecke.
„Was
ist das denn?”, fragt Monk Asiul und zeigt mit seinem ausgestreckten rechten
Arm in den riesengroßen Raum, der sich da vor ihnen auftut. Anscheinend sind
sie in der Aufenthaltshalle des Gor-Gebäudes gelandet. Hier herrscht ein
absolutes Chaos und Durcheinander. Es wimmelt nur so von allen möglichen
Kreaturen: Da gibt es ganz normal aussehende Gor, allerdings etwas größer als
sie, winzig kleine Lebewesen mit sechs Beinen, ein großes, dickes mit einem
langen Schlauch als Nase, alle möglichen Sorten von mittelgroßen Kreaturen auf
vier Beinen, mit langen Schwänzen und in allen möglichen Farben. In der Mitte
thront ein vierbeiniges Lebewesen mit gelb-weißem Fell und einem unglaublich
langen Hals, um den ein Schwarm von fliegenden Lebewesen kreist, die allesamt
ein wenig Ähnlichkeit mit Monk Arual in seiner Sturzflugverkleidung haben. Um
die Eisbänke und -tische herum wuseln die verschiedensten Kreaturen, die etwa
so groß sind wie sie selbst, die mal auf zwei und mal auf vier Beinen laufen.
Sie sind die lebhaftesten von allen. Sie hüpfen von Eisbank zu Eisbank,
streiten sich und manche versuchen gar die Eiswände hochzuklettern. Es ist ein
ohrenbetäubender Lärm in der Halle. Aber zu verstehen ist nichts, da alle eine
unverständliche Sprache sprechen. Monk Neelam, Monk Arual, Monk Asiul und Monk
Slin begeben sich mitten ins Getümmel.
„Ich
dachte in Mandra-Gorana leben nur solche Wesen wie wir es sind!”, äußert
sich Monk Arual. Seine Bemerkung ist eigentlich für seine drei Freunde
bestimmt, aber ein mittelgroßer Gor, der etwa fünf Schritte entfernt von ihnen
auf dem Boden sitzt, hat Monk Aruals Bemerkung gehört.
„Das
sind sie auch, nur die meisten haben sich gerade verwandelt. Ihr seid
Frischlinge, nicht wahr? Ab dem 2. Semester dürft ihr das auch. Muss aber erst
gelernt werden, bei Professor Much Kirtap!”
„Na
klar, wie dumm von mir, da hätte ich doch selber darauf kommen müssen. Danke,
es ist sehr nett von dir, dass du es uns erklärt hast! Ich heiße übrigens
Monk Arual und das sind Monk Neelam, Monk Asiul und Monk Slin. Wir sind
Erstsemestler von drüben aus dem Monk-Gebäude,” sagt Monk Arual, geht auf
den Gor zu und reicht ihm die Hand.
„Angenehm,
heiße Gor Nairolf, habt aber Glück gehabt, dass ihr hier reingekommen seid,
ist normal verboten. Stand denn kein Aufpasser vor der Tür?”
„Wir
haben keinen gesehen und uns hat niemand gesagt, dass der Aufenthalt hier für
uns nicht erlaubt ist!”, äußert Monk Asiul mit etwas verunsicherter Stimme.
Gor Nairolf merkt, dass Monk Asiul einen ängstlichen Gesichtsausdruck bekommt.
„Verlier`
mal nicht gleich vor Angst dein leckeres Kopfkraut! Ist zwar verboten und
passiert ist ja auch nichts. Nachher kann ich euch rausschmuggeln. Kenn einen
geheimen Eisgang!”
Monk
Asiul wirkt augenblicklich beruhigt.
„Danke,
bist ein netter Kerl!”, sagt er zu Gor Nairolf.
„Hier
sind alle ausnahmslos supernett, ist ja schließlich unsere Berufung,” sagt
Gor Nairolf.
„Na,
wenn ihr schon hier seid, dann kann ich euch den Laden ja mal erklären. Schafft
euch vielleicht Pluspunkte beim Verwandlungs-Professor, wenn ihr schon einiges
wisst.”
Die
vier neugierigen Freunde sind natürlich sofort begeistert. Sie setzen sich zu
Gor Nairolf auf den Boden, lehnen sich gemütlich an die Wand und überlassen
ihm das Wort.
„Bevor
ich anfange, eine Bitte: Ich glaub`, ich habe so was wie `ne Allergie gegen mein
eigenes Kopfkraut. Krieg immer Blähungen davon und eures sieht so unendlich
lecker und saftig aus. Seid gesunde Monk-Frischlinge. Stellt ihr mir ein
bisschen Futter zur Verfügung? Hab so was wie `ne Antarktika-Höhle im
Bauch.” Die vier Freunde glauben zwar nicht so recht an Gor Nairolfs Blähungen
- dafür ist das schelmische Grinsen in seinem Gesicht zu deutlich -, aber keine
Frage, jeder von ihnen opfert natürlich gerne bereitwillig einige Büschel
seines Kopfsalates. Gor Nairolf macht sich gierig darüber her.
„Danke
euch, Freunde, gibt nichts Leckereres als frisches Frischlings-Kopf-Gemüse!”
„Also,”
fängt er kauend an, „das alles hier geht eigentlich ganz einfach, wenn man es
kann. Bei Professor Much Kirtap lernt ihr das in den nächsten Vorlesungen. Das,
was ihr hier seht, sind alles Lebewesen, die es draußen in der Welt, außerhalb
von Mandra-Gorana, gibt.”
„Was
denn, so große und dicke Viecher leben da draußen?”, fragt Monk Neelam und
zeigt auf das Lebewesen mit dem langen Hals und das mit dem Nasenrüssel.
„Natürlich”,
erklärt Gor Nairolf, „ganz früher muss es sogar noch viel, viel größere
gegeben haben! Die Menschen nennen diese Kreaturen übrigens Tiere. Also diese
Riesentiere sind dann allerdings ausgestorben, als ein mächtig großer Brocken
auf die Welt aufgeplatscht ist, oder so ähnlich. Na, jedenfalls hat uns der
Much Kirtap Zeichnungen von diesen Riesen gezeigt. Waren außerdem zehnmal so
groß wie der Elefant da!”
„Elefant?
Was ist das?”, will Monk Arual wissen.
„Na
dieses Nasenviech da in der Mitte. Ach so, Entschuldigung, könnt ihr ja nicht
wissen, ihr lernt ja erst bei Professor Much Kirtap, wie die Lebewesen alle heißen.
Also jedes dieser Tiere hat einen Namen.” Gor Nairolf zeigt mit ausgestrecktem
Arm auf die Tiere.
„Elefant,
Giraffe, Schimpanse, Löwe, Hund, Katze, Krähe, Wolf, Pferd, Fliege, Spinne,
Ameise, Floh... und so weiter und so weiter. Müsst ihr alles beim Much Kirtap
pauken. Sind aber noch längst nicht alle. Es gibt Hunderttausende von Tieren, könnt
ihr euch gar nicht vorstellen, was?”
Den
vier Monk stehen Mund und Nasenlöcher offen, als sie sich diese unglaubliche
Menge vorzustellen versuchen.
„Das
glaub ich nicht!”, rutscht es Monk Slin heraus.
„Kannste
ruhig glauben! Der Much Kirtap kennt sie alle und hat auch von allen
Zeichnungen. Hat er selbst gemalt. Da ist er was stolz drauf, sag ich euch.”
„Du,
sag mal, der Much Kirtap, ist das so einer mit riesengroßen Ohren, fast so groß
wie die von dem ... na, wie heißt das Riesentier doch gleich ... ach ja, diesem
Elefanten da? Und humpelt der so ein bisschen?”, fragt Monk Arual ganz
aufgeregt.
„Jau,
det isser!“, antwortet Gor Nairolf. „Eindeutig und unnachahmlich. Da hat
sich der Schnitz-Much anscheinend mächtig verschnitzt. Muss ihm wohl ein paar
mal die Klinge abgerutscht sein. Das rechte Bein hat der um mindestens `ne halbe
Fußlänge zu kurz gefeilt. Wundert mich eigentlich, dass der Boss das hat
durchgehen lassen.”
Mit
”Boss” meint Gor Nairolf offensichtlich den Präsidenten Much Gorantoteles.
„Hatte damals wohl seinen großzügigen Tag!”, fügt Gor Nairolf noch hinzu.
„Ist aber`n prima Professor, der Much Kirtap, könnt ihr echt glauben!”
„Den
hab ich auf dem Flur getroffen,” erzählt Monk Arual ganz aufgeregt, „vor
unserem Weltkundeunterricht bei Professor Much Etu. Er hatte drei kleine
Schautafeln dabei. Alles Tiere mit Flügeln wie die da in der Luft. Das kleinste
Flugtier hatte einen großen blauen Punkt auf dem Kopf, das zweite sah am Kopf
fast so aus wie diese Winzlinge da,” - Monk Arual zeigt auf eine Gruppe von Mäusen,
die gerade versuchen ein Loch in das Eis zu schaben, - „und der dritte war
viel größer und hatte finstere Augen und mächtige Flügel.”
„Blaumeise,
Fledermaus und Adler!”, sagt Gor Nairolf gelassen. „Sind drei der
Lieblingstiere von Professor Much Kirtap. Nimmt er immer mit in die erste
Unterrichtsstunde in eine Monk-Klasse.”
„Richtig,
hat Professor Much Etu dich nicht als `Adler-Fledermaus-Blaumeisen-Wesen`
bezeichnet, als du das Loch in seine Weltkarte gestanzt hast?”, fragt Monk
Neelam Monk Arual.
„Ja,
das hat er. Da juckt mir glatt das Kopfkraut! Jetzt kann ich mir das alles erklären,”
sagt Monk Arual.
„Als
der Much Kirtap vorbei war, hab ich die Augen zugemacht und dann hab ich in mir
drinnen ... so irgendwo hinten im Kopf die drei Fliegetiere gesehen. Und als ich
die Augen wieder geöffnet hatte, da bin ich schon durch die Luft gedüst.”
„Ich
verstehe zwar nur Bahnhof, aber da hast du Recht, genauso geht das mit der
Verwandlung: Man schließt die Augen, stellt sich das Tier vor, in das man sich
verwandeln will, und schon ist es passiert. Ganz simpel, das Ganze!”, erläutert
Gor Nairolf.
„Dann
kann ich das ja schon! Aber was ich mir nicht erklären kann, ist, wie ich mich
wieder so schnell zurückverwandeln konnte?”, wundert sich Monk Arual.
„Das
ist schon viel komplizierter, ich denke, da wird dir der Much Etu geholfen
haben“, erklärt Gor Nairolf. „Alle Professors können nämlich jeden Schüler
wieder zurückholen. Ist gut so! Sonst müssten manche ihr Leben lang z.B. als
Spinne herumkrabbeln. Sind schon viele Anfänger bei der Rückverwandlung kläglich
gescheitert.”
„Ja,
so wird es gewesen sein,” murmelt Monk Slin vor sich hin, „wie geht das denn
mit der Rückverwandlung?”
„Das
lernt ihr, wenn der Much Kirtap mit den Spiegeln auftaucht. Lasst euch überraschen!”,
sagt Gor Nairolf.
„So
Freunde, ich muss, Menschenkunde beim Much Maharba! Der Geheimgang nach draußen
ist da hinten unter dem Eistisch in der Ecke. Mündet direkt auf euren
Spielplatz, unter einer Bank. Man trifft sich, schaut mal wieder rein, hab immer
Zeit für euch, erst recht wenn`s frisches Kopfgemüse gibt.”
Und
damit ist Gor Nairolf verschwunden. Vor ihren Füßen sitzt nun plötzlich ein
kleines, niedliches, rostbraunes Tierchen mit einem buschigen Schwanz auf seinen
Hinterläufen. Es zwinkert zweimal mit den Knopfaugen und hoppelte davon.
„So,
wir müssen auch, gleich fängt die erste Stunde in Verwandlungskunde bei
Professor Much Kirtap an. Los, ab durch den Gang!”, fordert Monk Neelam die
anderen zum Gehen auf.
„Sagt
mal, wo ist eigentlich Monk Asiul?”, fragt da Monk Slin. Die drei schauen sich
suchend um. Von Monk Asiul keine Spur. Das Einzige, was Arual sofort auffällt,
ist, dass jetzt auf einmal zwei Elefanten bei den Eisbänken stehen.
„Verdammt!
Ich glaube, jetzt haben wir ein dickes Problem!”, sagt Monk Arual.
6.
Das dicke Problem
„Und
unser dickes Problem hat einen Rüssel!”, fügt er aufgeregt hinzu.
Monk
Neelam und Monk Slin schauen Monk Arual ungläubig an.
„Du
meinst doch nicht etwa...”, stottert Monk Slin.
„Doch,
das meine ich! Ich befürchte, der zweite Dickhäuter da ist Monk Asiul!”,
spricht Monk Arual seine Vermutung aus.
„Das
darf doch nicht wahr sein, da welkt mir glatt mein Kopfkohl!”, sagt Monk
Neelam. „Was machen wir denn nun? Wenn ich Gor Nairolf richtig verstanden
habe, kann sich ein Monk erst zurückverwandeln, wenn er es bei Professor Much
Kirtap gelernt hat. Monk Asiul schafft das doch niemals alleine!”
Monk
Neelam drückt aus, was den anderen ebenso klar ist.
„Zuerst
müssen wir irgendwie herausbekommen, ob wir uns nicht vielleicht doch irren,”
gibt Monk Slin zu bedenken. „Ich frage mich nur, wie? Die Tiere sprechen doch
nicht unsere Sprache.”
Die
drei Freunde wirken sehr ratlos. Da hat mal wieder Monk Arual eine Idee. „Aber
vielleicht können sie uns verstehen! Los, wir probieren das mal! Vielleicht mit
dieser kleinen Maus da.”
Monk
Neelam rutscht auf den Knien ganz nahe an eine Maus heran, die gerade damit
beschäftigt ist, ein Loch in die dicke Eiswand zu scharren.
„Hey,
du kleines Mäuslein, kannst du mich verstehen?”
Augenblicklich
hört die Maus auf zu scharren, schaut Monk Neelam ins Gesicht und piepst ganz
leise.
„Das
kann Zufall gewesen sein!”, wendet Monk Arual ein. „Wir müssen es anders
probieren.“
Auch
Monk Arual kniet sich nun vor den Winzling auf den Boden.
„Hör
mal, kleine Maus, wenn du mich verstehen kannst, dann hüpf doch zum Beweis auf
meine Hand!”, sagt er und legt sie flach vor die Maus auf den Boden. Und tatsächlich,
die Maus hüpft ohne zu zögern auf Monk Aruals Hand. Der steht auf und führt
sie mitsamt der kleinen Maus zu seiner Schulter.
„Hüpf
auf meine Schulter, kleine Maus!”, spricht er sie an und keck hüpft das
kleine Tier von der Hand hinüber und krallt sich an Monk Aruals Weste fest.
„Die
ist ja wirklich süß”, sagt Monk Neelam, „und sie hat dich tatsächlich
verstanden. Sag ihr doch, sie soll sich zurückverwandeln, dann könnte der Gor
uns ja vielleicht einen Rat geben.”
„Gute
Idee!”, sagt Monk Arual und dreht seinen Hals der kleinen Maus entgegen. „Würdest
du bitte so freundlich sein und dich uns als Gor zeigen, um uns zu helfen. Wir
brauchen dringend deinen Rat!”
Das
ist ein bisschen unüberlegt, worum Monk Arual da gebeten hat, denn das Erfüllen
dieser übereilten Bitte führt zu einem unerwarteten Ergebnis und löst bei
Monk Slin und Monk Neelam einen so großen Lachanfall aus, dass ihnen die Tränen
in die Augen schießen. Die Maus entspricht nämlich Monk Aruals Bitte
augenblicklich, und...
plötzlich
sitzt auf Monk Aruals rechter Schulter ein ziemlich stämmiger Gor im Grätschsitz,
das eine Bein auf Monk Aruals Bauch, das andere auf der Rückenseite. Darauf ist
Monk Arual natürlich nicht vorbereitet. Die unvermutet eingetretene Last auf
seiner Schulter bringt ihn ins Wanken, er taumelt kurz und dann krachen die
beiden hart auf den Boden. Der Mäuse-Gor liegt obenauf und sein dickes
Hinterteil kommt direkt unterhalb von Monk Aruals Nase zu liegen.
„Angenehm,
ich heiße Gor Iser. Freu mich, dich kennen zu lernen!”
Da
gibt es auch für Monk Arual kein Halten mehr. Auch er muss nun über diese
seltsame Situation und Gor Isers Witz herzlich lachen. Gor Iser dreht sich
seitlich von Monk Arual hinunter, steht auf und hilft ihm auf seine kleinen
Beine.
„Hallo,
ich bin...”, will Monk Arual sagen.
„Ich
weiß, du heißt Monk Arual und deine Freunde heißen Monk Neelam und Monk Slin
und ihr drei vermisst euren kleinen Freund Monk Asiul. Hab euch schon die ganze
Zeit belauscht,” unterbricht Gor Iser ihn.
„Ist
denn der Koloss da Monk Asiul?”, fragt Monk Neelam den Gor und Iser erwidert,
dass er das nicht wisse.
„Da
müsst ihr den Dickhäuter schon selber fragen. Wird sich schon irgendwie verständlich
machen, so wie ich als Maus.”
Also
gehen die drei mit Gor Iser hinüber zu dem Elefanten und fragen ihn, ob er Monk
Asiul sei. Der Dickhäuter nickt mit seinem mächtigen Kopf und unterstreicht
sein „Ja” mit einem mächtigen Trompetenstoß aus seinem steil nach oben
gereckten Rüssel.
„Dumme
Sache für euch, so wie ich das sehe, kann hier nur Professor Much Kirtap
helfen,” sagt Iser und dann erklärt er ihnen das Gleiche, was ihnen Gor
Nairolf auch schon gesagt hatte, dass nämlich die Zurückverwandlung erst
tausend Mal bei dem Much Kirtap geübt werden muss, bis sie endlich alleine
klappt.
„Tja,
dann müssen wir den Dicken eben mit rüber zu uns zum Monk-Gebäude nehmen!”,
schlussfolgert Monk Slin. „Nur durch den Eistunnel passt dieses mächtige
Viech natürlich nicht!”
„Es
ist zum Kopfkraut-Ausreißen! Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht! Was
machen wir denn jetzt?”, ruft Monk Neelam gereizt und in seiner Stimme klingt
schon so etwas wie Resignation mit.
„Ihr
müsst schon durch den Haupteingang, etwas anderes bleibt euch wohl kaum übrig!
Ich schaue mal nach, ob da eine Aufsicht steht!”, bietet sich Gor Iser sofort
an und schon düst er aus der Halle in den Flur in Richtung Haupteingang. Nach
wenigen Augenblicken ist er wieder da.
„Also,
da steht jetzt einer. Ich lenke ihn ab. Mir wird schon was einfallen. Packt
euren dicken Monk Asiul am Rüssel und zerrt ihn hier raus. Gebt mir aber ein
wenig Zeit!”, drängt jetzt Gor Iser, denn auch für ihn fängt gleich der
Unterricht an. Die drei Monk bedanken sich noch schnell bei Gor Iser, dann
packen sie zu dritt den Rüssel des Dickhäuters und gehen schon einmal langsam
in Richtung Flur.
„Mach
uns nur keine Probleme, Monk Asiul, sonst mähe ich dir deinen leckeren
Kopfsalat ab!”, droht der ebenfalls etwas genervt wirkende Monk Arual.
Der
Elefant nickt leicht und gibt somit anscheinend zu verstehen, dass er sich der
heiklen Situation schon bewusst ist. Die drei Monk warten mit ihrem übermächtigen
Freund noch eine Weile am Ausgang des Aufenthaltssaales, dann lugt Monk Neelam
vorsichtig um die Ecke.
„Die
Luft ist rein. Los, ab geht`s durch die Mitte!”, gibt er Anweisung.
Der
dicke Elefant gehorcht sofort. Laut stampfend setzt er sich erstaunlich flink in
Bewegung. Das Eis dröhnt und erzittert bei jedem Schritt. Die drei Monk haben
mit ihren kurzen Beinen größte Schwierigkeiten, dem Koloss zu folgen.
Ungebremst rennt der Dicke auf das Eingangstor zu. Der in einen Elefanten
verwandelte Monk Asiul scheint sich seiner mächtigen Größe nicht bewusst zu
sein. Wahrscheinlich hält er deshalb das Eingangstor auch für ausreichend groß.
„Gleich
knallt`s!”, befürchtet Monk Arual, als er erkennt, dass die Größe des
Haupteingangs wohl kaum für die mächtigen Ausmaße Monk Asiuls ausreichend
sein kann.
„Breeeeeeeems!”,
brüllt er, so laut er kann.
Doch
da ist es schon zu spät. Ohne auch nur wenigstens geringfügig langsamer zu
werden, dringt das Riesentier ins Freie, reißt dabei links und rechts die mächtigen
Eispfosten um, so dass auch der darauf ruhende Türsturz mit lautem Krachen und
Knirschen zu Boden knallt. Einige darüber liegende Eisblöcke lösen sich nun
auch und da, wo sich noch vor wenigen Augenblicken eine für kleine Monk schon
recht große Eingangstür befand, klafft nun ein Scheunentor großes Loch, durch
das nun mühelos zwei Elefanten hindurch passen könnten, und zwar
nebeneinander.
„Verdammter
Elefanten-Mist, das gibt Ärger!”, zischt Monk Neelam verärgert durch die
schmalen Lippen. Die drei Freunde waren Ohren zuhaltend und mit vor Entsetzen
weit aufgerissenen Augen im Vorflur des Gor-Gebäudes zurückgeblieben, als die
mächtigen Eisbrocken hinunterkrachten.
„Bloß
weg hier!”, befiehlt Monk Arual jetzt.
Eilig
überwinden die drei Freunde den riesigen Berg aus zerborstenem Eis. Ihr
Elefanten-Freund ist nun zum Glück doch noch einige Meter vor dem Gebäude zum
Stehen gekommen. Er hält den Kopf seitlich nach hinten geneigt und tänzelt
aufgeregt von einem klobigen Fuß auf den anderen. Anscheinend begreift er jetzt
das ganze Ausmaß seiner Handlung.
Als
seine hektisch wirkenden drei Freunde zu ihm aufschließen, kapiert er sofort,
dass es nun schnell gehen muss. Einen nach dem anderen hebt er mit seinem langen
Rüssel auf den Rücken und schon donnert er so schnell los, wie er nur kann.
Die Monk haben die allergrößte Mühe, sich auf dem Rücken des mächtigen
Tieres festzuhalten. Bei jedem Schritt des riesigen Elefanten heben sie gut
einen halben Meter vom Rücken des Dickhäuters ab, um dann wieder höchst
unsanft zurückzuklatschen. Deshalb haben sie große Probleme, sich auf dem Rücken
des Tieres zu halten. Monk Asiul bemerkt die Not seiner Freunde und legt seinen
langen Rüssel über seine Stirn zurück, so dass Monk Neelam sich daran
festhalten kann. An ihm findet Monk Slin Halt und Monk Arual hat die kurzen Arme
um Monk Slins Bauch geschlungen.
Das
Heidengetöse der zerborstenen Tür hat im Gor-Gebäude natürlich für Aufsehen
gesorgt. Als der Elefant durch das für ihn deutlich zu kleine Eingangstor
geprescht ist, hat das ganze Haus gezittert. Aus allen Klassenräumen strömen
nun Gor-Schüler und Professoren zum Ort des Geschehens. Aber sie sehen den
dicken Elefanten nur noch von hinten und immer kleiner werdend, da er sich
erstaunlich schnell entfernt. Deutlich zu sehen ist jedoch, dass sich auf seinem
breiten Rücken drei kleine Wesen nur mit der allergrößten Mühe festhalten können.
Monk
Arual schaut zurück und kann sehen, wie immer mehr Gor am deutlich vergrößerten
Eingangstor zusammenströmen.
„Hoffentlich
hat uns keiner erkannt!“, denkt er voller Hoffnung.
„Wi...hier
ko...hom...men zu...hu spä...hät
zu..hur Vo..hor..les...su ung,”
brüllt Monk Slin mit besorgter Stimme in dem Rhythmus, welchen das schaukelnde
Riesentier vorgibt. „De..her Pro...hof...es..sor..sor Mu..huch
Kir...rr...ta..tap ha..hat sch...o...hon ange...fan...ge..gen.”
Die
beiden anderen wissen das natürlich auch, denn das Signal zum Unterrichtsbeginn
ist mittlerweile auch bei ihnen schon zweimal angekommen.
„Das
hat aber auch einen kleinen Vorteil”, macht Monk Neelam den Versuch einer
Beruhigung und seine Worte sind genauso abgehackt wie die vorher bei Monk Slin.
„Die
anderen Monk sind alle schon in den Klassenräumen.”
Und
so ist es auch, der riesige Spielplatz ist wie leer gefegt.
„Das
ist auch unser einziges Glück,” merkt Monk Arual an, „stellt euch mal vor,
die könnten uns jetzt so sehen. Das wäre mein endgültiger Untergang.”
Die
drei unfreiwilligen Reiter sind froh, als der verwandelte Monk Asiul endlich vor
dem Eingang ihres Schulgebäudes zum Stehen kommt.
„Brav,
Monk Asiul!”, sagt Monk Arual, dankbar und erleichtert darüber, dass der
dicke Elefant nicht noch einmal den gleichen Fehler macht und auch noch das Tor
des Monk-Gebäudes gewaltsam vergrößert. Mit der einen Hand reibt er sich sein
arg geschundenes Hinterteil, mit der anderen krault er seinem Freund zärtlich
hinter den riesengroßen Ohren, dann wird auch er vom Rüssel des Riesentieres
endlich sanft zu Boden gehievt.
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